Wohnung von Hugo Semler
Das Interieur ist wegen Umbauarbeiten vorübergehend unzugänglich.
Die Spuren des Architekten Adolf Loos finden sich auch im Haus der Familie Semler in der Straße Klatovská 19, einem Haus mit einer verfilmungswürdigen Geschichte. Die Familie Semler besaß in Vochov bei Stříbro eine Fabrik, die Drahtwaren wie Drahtgitter, Nägel, Nadeln und später auch hochwertige Nadeln für Grammophone herstellte, die unter der Marke SEM in die ganze Welt exportiert wurden. Die Familie wohnte in ihrem Haus in der Straße Klatovská 19, das der Gründer des Unternehmens, Šimon Semler, gekauft hatte. Nach Simons Tod bewohnte sein ältester Sohn Hugo mit seiner Familie und seiner Mutter, der verwitweten Berta, das Haus, und der Firmensitz mit Büros blieb im Erdgeschoss. Gemeinsam mit seinem Bruder Oskar, dem Investor der sogenannten Semler-Residenz in der Straße Klatovská 110, führte er das Unternehmen als Gesellschafter weiter.
Hugo ließ 1930 das gesamte erste Geschoss des Hauses renovieren, wobei Adolf Loos bei einem Raum, nämlich dem Musikzimmer, zweifelsohne Hand angelegt haben muss. Der streng achsensymmetrische Raum, der mit weißem Fantastico-Marmor mit schwarzer Maserung und einem gemauerten Kamin in der Mitte der Hauptwand verkleidet ist, ist die Zierde und der Höhepunkt der Enfilade von miteinander verbundenen Räumen – dem Esszimmer, dem Herrenzimmer und eben dem Musikzimmer. Die beiden anderen erhaltenen Räume sind jedoch wahrscheinlich das Werk eines Mitarbeiters von Loos. Im Jahr 1932 entwarf Loos einen noch kühneren zweistöckigen Anbau mit Flachdach. Dieser war ursprünglich für Oskar gedacht, wurde aber nie realisiert. Zeichnungen davon sind jedoch im Königlichen Institut Britischer Architekten in London aufbewahrt.
Aufgrund ihrer Herkunft war die Familie Semler gezwungen, ihre Fabrik 1939 zunächst zu verkaufen und schließlich 1941 unter dramatischen Umständen zu emigrieren. Die Familie von Hugo Semler gelangte über die Schweiz und Kuba nach Kanada, wo sie sich niederließ. Hugos Sohn, Hanuš, floh nach 1939 nach England. Dort wurde er in die tschechoslowakischen Streitkräfte eingezogen und wurde als Mechaniker im 311. tschechoslowakischen Bombergeschwader Mitglied der RAF, der königlichen Luftwaffe. Während des Krieges erlangte er den Rang eines Feldwebels (British Flight Sergeant). Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ er sich ebenfalls in Kanada nieder, wo er dem Beispiel seines Vaters folgend ein Holzgeschäft aufbaute. Hanuš Semler starb 2007 in Perth, Ontario, im Rang eines Oberstleutnants. Seine Nachkommen leben noch heute in Kanada.
Während des Zweiten Weltkriegs diente das Haus der Familie als militärisches Hauptquartier der Stadt (Wehrmacht). Die Kapitulation der deutschen Besatzung wurde am Ende des Krieges im Herrensalon unterzeichnet. Der damalige General Georg von Majewski erschoss sich an Ort und Stelle, nachdem er die Kapitulationsurkunde vor den anwesenden amerikanischen Soldaten, seinem Stab und seiner Frau Elisabeth unterzeichnet hatte. Nach dem Krieg beschlagnahmte das kommunistische Regime das Semler-Haus und es wurde bis 2002 von der tschechoslowakischen (später tschechischen) Armee genutzt.
Das Haus und seine Inneneinrichtung warten noch immer auf eine Renovierung. Seine militärische Geschichte ist jedoch untrennbar mit der Geschichte der Stadt verbunden. Deshalb wird derzeit ein Projekt zum Umbau und zur Umgestaltung des Hauses in ein Museum über General Patton und die Befreiung Pilsens durchgeführt. Vorläufig ist das Gebäude nur gelegentlich für die Öffentlichkeit zugänglich.
Der moderne Mensch bedient sich nach Belieben der Ornamente früherer und fremder Kulturen. In seiner eigenen Erfindung konzentriert er sich auf andere Dinge.