Adolf Loos v Plzni

Wohnung von Richard Hirsch

Das Interieur ist Bestandteil der 4. Besichtigungstrasse
der Wohnung von Hugo Semler und des Appartements von Richard Hirsch

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Wohnung von Richard Hirsch

Bei dieser Realisierung ist es unbedingt notwendig zu erwähnen, dass dieses Neorenaissance-Haus von Wilhelm und Marta Hirsch die erste von Loos gestaltete Wohnung in Pilsen überhaupt war. Sie wurde 1907 in einer sehr luxuriösen Form entworfen und nahm den gesamten ersten Stock ein. Zwanzig Jahre später vergrößerte Loos die Wohnung und fügte einen kleinen Vorbau im Hof hinzu, außerdem entwarf er im zweiten Stock eine Junggesellenwohnung für den Sohn der Hirschs, Richard.

Richards Wohnung war als Junggesellenwohnung konzipiert und bestand nur aus einem Salon, einem Schlafzimmer und sanitären Anlagen; eine Küche wurde in diesem Fall nicht benötigt.

Den Hirschs gelang die Flucht vor den Nazis nach Argentinien, später ließen sie sich in Australien nieder. Kurz nach dem Krieg war in dem Gebäude das Amerikanische Institut untergebracht, unter anderem wurde hier der Wettbewerb für das Denkmal “Danke, Amerika” zu Ehren der amerikanischen Armee durchgeführt. Ab den 1950er Jahren diente die besondere, von Loos entworfene Wohnung der Hirschs als Schulhort. In den 1960er Jahren wurde die Inneneinrichtung der Wohnung entfernt und zerstört, so dass nur einige Fragmente übrigblieben, die in den folgenden Jahren nach und nach verschwanden. In den 1990er Jahren diente das ganze Haus als Unterkunftseinrichtung der Westböhmischen Universität. Heute wird es als Wohnhaus im Besitz der Stadt Pilsen genutzt.

Im Jahr 2012 gelang es der Abteilung für Denkmalschutz der Stadtverwaltung Pilsen, das fast vollständig erhaltene Schlafzimmer von Richard aus dem Jahr 1927 mit seinen charakteristischen Einbauschränken zugänglich zu machen. Hier verwendete Loos eine Kombination aus dunkelgrün lackierten Schrankrahmen mit orientalischer Tapete auf den Schranktüren. Die verloren geglaubte Realisierung ist damit wieder ins Blickfeld der Fachwelt gerückt. Im Jahr 2015 ließ die Stadt die original erhaltenen Möbel vollständig restaurieren. Das Mobiliar von Richards angrenzendem Salon wurde in den 1980er Jahren von dem privaten Sammler Vladimír Lekeš übernommen und nach der Revolution restauriert und in eine neue Privatgalerie in Prag gebracht.

Im Jahr 2015 wurde der freie Raum der Wohnung von Richard Hirsch in Pilsen durch eine Installation von Kartonmodellen von Möbeln ergänzt, die von Studenten des Studiengangs International Master für Interieur Architecture Design (IMIAD) der Technischen Universität Stuttgart unter der Leitung von Professor Wolfgang Grillitsch erschaffen wurden. Die Ausstellung mit dem Titel „Wish You Were Here“ spiegelte die Unterschiede zwischen den Wohnvorstellungen von Männern und Frauen wider.

Derzeit wird die Wohnung gelegentlich mehrmals im Jahr zusammen mit dem Haus von Hugo Semler zugänglich gemacht und wartet auf die nächste Renovierungsetappe, bei der die fehlenden Möbelstücke im Schlafzimmer und im angrenzenden Salon ergänzt werden.

Interessanterweise existieren noch zwei seltene Porträts von Wilhelm und Martha Hirsch, die auf Anregung von Loos von dem weltberühmten Maler Oskar Kokoschka gemalt wurden. Sie befinden sich separat in Galerien in Berlin und New York.

Jedes Möbelstück, jeder Gegenstand, jedes Objekt erzählt eine Geschichte, eine Familiengeschichte. Eine Wohnung ist nie fertig: Sie entwickelt sich mit uns und wir uns in ihr. Ein junger Mann ist dann reich, wenn er Verstand im Kopf und einen guten Anzug in seinem Kleiderschrank hat.